Was aus neurobiologischer Sicht hinter unserer Begeisterung steckt

Wie sich unser Gehirn vernetzt und damit unser Wesen bestimmt hängt von den Bedingungen und Anforderungen unseres Kulturkreises oder sozialen Gefüge ab. Externe Faktoren oder die Umwelt bestimmen aber nicht exklusiv wie unser Gehirn im Laufe unseres Lebens geprägt wird. Es reicht nicht aus das gewisse neuronale Verschaltungen einfach immer und immer wieder genutzt werden und sich dadurch ausweiten, stabilisieren und damit Verhaltensweisen geprägt und Lösungsmodelle effektiver werden. Wenn es so wäre dann könnten wir alles lernen, wenn wir nur genügend Zeit hätten. Aber wir lernen nicht alles.

Lange sind Psychologen davon ausgegangen, dass es sich bei Freude, Begeisterung und Emotionen um geistige Zustände handelt. Inzwischen ist aber klar, dass diese auch einen biologischen Hintergrund haben und beispielsweise durch die Verstärkung bestimmter Botenstoffe veränderbar sind. Verhaltensweisen und Reaktionen, in kritischen (Stress) Situationen, lassen sich also trainieren. Vor allem unsere Begeisterung spielt für die Veränderungsbereitschaft, Innovation und das Lernen eine große Rolle.

Begeisterung als Grundlage des Lernens
Egal ob jung oder alt wir lernen das was uns wichtig ist. Das sind die Dinge die wir interessant finden und die uns in einen Zustand der Neugier und vor allem der Begeisterung versetzten. Wenn uns etwas wirklich wichtig ist dann strengen wir uns an, legen unsere Aufmerksamkeit auf das angestrebte Ziel, machen Strategien und stellen dabei auch unsere anderen Bedürfnisse hinten an. Wenn wir einen Sachverhalt durchblickt und Erkenntnis gewonnen haben sind wir hellauf begeistert. Eine Menge unterschiedlicher neuronaler Netzwerke sind dann in unserem Gehirn aktiv. Neuroplastische Botenstoffe wie Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin werden ausgeschüttet und in den Nervenzellen weitergegeben. Das geschieht genau in den Bereichen die wir für das erreichen des Zustandes angestrengt haben. In diesen Nervenzellen werden dann bestimmte Gene aktiv die für die Produktion von Eiweißen zuständig sind die für das Auswachsen neuer ähnlicher Nervenzellen und Nervenzellkontakte gebraucht werden. Dadurch werden all jene neuronalen Netzwerke ausgebaut und gestärkt die genau das zustande gebracht haben was uns am Herzen lag und wofür wir uns so sehr begeistert haben. Unser Gehirn wird so wie und wofür wir es mit Begeisterung genutzt haben. Die subjektive Bewertung unserer Umwelt, was uns in ihr fasziniert und wir interessant finden ist wichtig, nicht die Umwelt an sich. Wenn wir also wissen wollen warum Menschen so sind wie sie sind müssen wir herausfinden was ihnen in der Vergangenheit wichtig war und begeistert hat.

Emotionen_Positiv_Negativ_Begeisterung_Stress

Warum wir unsere Begeisterung verlieren (können)
Als Kinder und Jugendliche haben wir unser Umfeld noch neugierig als kleine Entdecker und Gestalter aufgesogen. Doch beim Älterwerden und Erwachsensein scheint uns diese Begeisterung abhanden gekommen zu sein. Wird uns, je älter wir werden, immer mehr, immer weniger wichtig? Als Kind ist noch fast alles was wir tun oder erleben bedeutsam, dann beginnen wir uns zurechtzufinden, Erfahrung zu sammeln und unser Leben nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Dann steigt die Gefahr in bekannten Routinen steckenzubleiben, man erledigt seinen Job, tut was zu tun ist und funktioniert. Alles wird gleichermaßen bedeutsam und unbedeutend. Nicht nur ein Problem der Individuen, auch Gemeinschaften haben das Problem, zwar noch zu funktionieren aber nicht mehr zu leben, festgefahren in Verwaltungsstrukturen. Dieser Pragmatismus gibt uns eine trügerische Sicherheit vor Krisen und möglichen Veränderungen. Dann hilft nur ein Blick auf die Kinder oder die Erinnerung an unsere eigene Kindheit um zu Erfahren was es heißt mit offenen Augen und Begeisterung unseren Weg zu beschreiten. An ihrem Beispiel können wir sehen was es braucht um uns mit kindlicher Neugier an die Umwelt zu wagen: Unterstützung aus dem Umfeld sowie die Chancen und Möglichkeiten uns als Entdecker und Gestalter auf den Weg zu machen.

Spielend begeistern
Soziologische wie auch psychologische Studien zeigen auf, dass es einen Weg gibt schlauer, konzentrierter, leistungsfähiger und begeisterter werden. Dieser Weg funktioniert über das Spielen, denn spielen heißt automatisch auch lernen. Dinge die uns Spaß bereiten schütten Botenstoffe wie Dopamin aus. Wenn Sie also in der Berufswelt Ihr Potenzial optimal abrufen möchten, sollten Sie regelmäßig spielen – auch während der Arbeitszeit. Denn Arbeit sollte mit Anstrengung, aber auch mit viel Freude an der Tätigkeit verbunden sein wie unser Beitrag: „Warum wir im Büro mehr spielen sollten“ zeigt.

Mit Lob und Pausen begeistern
Im Berufsleben haben Führungskräfte eine wichtige Rolle wenn es darum geht ideale Rahmenbedingungen für ihre Mitarbeiter zu schaffen. Dazu gehören auch Pausen, wie wir in unserem Beitrag: „Regeneration: Ein wichtiger Bestandteil des Berufslebens“ aufgezeigt haben. Begeisterung kann erzeugt werden indem den Beiträgen der Mitarbeiter einen Sinn gegeben wird. Wenn die Ergebnisse dann noch im Zusammenhang mit dem Unternehmenserfolg gebracht werden, hat die Führungskraft beste Voraussetzungen für Motivation geschaffen. Wie Wertschätzung und ein gezieltes Lob funktionieren kann haben wir im Beitrag: „Richtig loben“ erklärt.

Es gibt einige Stellschrauben mit denen die Begeisterungsfähigkeit und damit an der langfristigen Motivation für die eigene oder die Arbeit der Mitarbeiter gezielt gefördert werden kann. Dazu gehört auch offen und ehrlich  im Team über die Aufgabenverteilung zu sprechen um dann gemeinsam Lösungen zu finden. Wichtige Faktoren sind dabei Verständnis für die Perspektive des Gegenübers und die Kommunikation auf Augenhöhe.

Am Ende entscheidet der Wille zur Lebensfreude und Begeisterung. Tatsächlich sind die Anlässe dazu omnipräsent, die Herausforderung ist sie zu erkennen. Installieren Sie die Begeisterung fest in Ihrem Alltag!