Wie Ernährung und Gehirn zusammenhängen

Du bist was du isst. Diesen Satz hat wohl jeder schon gehört. Meist in Bezug auf den Körper bzw. die Fitness. Wer gesund isst, hat auch einen gesunden Körper, viel Energie und bleibt schlank. Wer auf Fertiggerichte und Fastfood setzt sowie der Tüte Chips am Abend nicht abgeneigt ist, der ist wahrscheinlich auch schlapp, undynamisch und eher dick. So lautet zumindest das landläufige Klischee.

In unserer schnelllebigen Zeit haben sich die Essgewohnheiten verändert. Nahrungsmittel mit viel Zucker und schlechten Fetten sind überall und einfach zu bekommen. Sie machen schnell satt und scheinbar glücklich.

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Doch wirkt so eine Ernährung auch auf unser Gehirn, unsere geistige Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit? Kann unser Ernährungsstil unsere Gedanken und Entscheidungen beeinflussen?

Aggressives Fast Food
Eine Ernährung die aus Junk Food und industriell-verarbeiteten Lebensmittel besteht verändert Teile unseres Gehirns nachhaltig. Schon im Mutterleib, wenn sich das Gehirn eines Embryos entwickelt wirkt sich die Ernährung der Mutter auf die Gehirnfunktion des Kindes aus. Die australische Ernährungswissenschaftlerin und Epidemiologin Felice Jacka hat an der Deakin Universität das Food&Mood Centre gegründet. Wo Sie und Ihr Team die psychischen Auswirkungen unserer Ernährung erforscht. In einer umfangreichen Studie hat Sie herausgefunden das Mütter mit „schlechten“ Ernährungsgewohnheiten (Junk Food, industriell-verarbeitete Lebensmittel, salzige und süße Snacks) Kinder haben, die zu Aggressionen und Wutanfällen neigen. Dieses Verhalten zeigte sich noch deutlicher, wenn die fett- und zuckerreiche Speisen nach der Geburt z.B. durch Softdrinks und Süßigkeiten von den Kindern selbst konsumiert wurden. Weltweite Studien können diese Ergebnisse bestätigen. Aber auch Trauer, Angst und Unruhe war bei Kindern die sich fett- und zuckerreich ernähren, vermehrt festzustellen.

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Mangelnde Nahrungsvielfalt
Neuronen erhalten durch einseitige Ernährung nicht das, was sie benötigen. Unsere grauen Zellen bestehen zu 90% aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die der Organismus nicht selbst herstellen kann. Daher müssen wir sie mit unserer Nahrung aufnehmen. Pflanzenöle, Fisch und Nüsse enthalten diese Fette, sind jedoch in den Industrieländern immer weniger auf den Tellern zu finden.

Wenn unsere Nervenzellen die nötigen Bausteine fehlen, bilden diese weniger und kürzere Verknüpfungen aus, die Kommunikation zwischen den Nervenzellen ist gestört. So wirkt sich der Omega 3 Mangel tatsächlich auf die Leitfähigkeit der Neuronen aus, die ansonsten schneller und damit effektiver Signale austauschen. Insbesondere in der Kindheit, Jugend und im Alter ist die Aufnahme wichtig, da in jungen Jahren für den Aufbau viel davon benötigt wird bzw. im Alter von den Nervenzellen schwerer absorbiert werden kann.

Ernährung beeinflusst Entscheidungen
Ein proteinreiches Frühstück sorgt für ein ausgeglichenes Verhalten und eine erhöhte Stresstoleranz. Ein kohlenhydratreiches Frühstück hingegen zeigt bei Probanden die an einem Ultimatumspiel, eine praktische Anwendung der Spieltheorie, teilnehmen, eine Empfindlichkeit für unfaire Angebote. Sie nahmen die Offerte persönlich und lehnten sie eher ab. Es wird vermutet das die proteinreiche Nahrung die Bildung der Aminosäure Tyrosin steigert. Das Tyrosin ist die Vorstufe von Hirndopamin, das Hormon, welches uns Eindrücke schneller verarbeiten lässt, den Stoffwechsel ankurbelt, neugierig und zielorientiert macht. So entscheiden sich die Probanden im Spiel auch dafür lieber ein unfaires Angebot anzunehmen statt ganz leer auszugehen.

Schon nach nicht mal einer Stunde wirkt die aufgenommene Nahrung auf unseren Hormonspiegel im Gehirn und so auf die Entscheidungen, die wir treffen. Wenn man bedenkt, dass wir etwa drei Mal am Tag Nahrung zu uns nehmen, ist das Potential für Veränderungen hinsichtlich unseres Wohlbefinden und geistiger Leistungsfähigkeit enorm.

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Droge Zucker
Wenn die Ernährung so wichtig ist, wie können wir dabei unseren Gelüsten auf Zucker und Fett wiederstehen, die von der Evolution in unsere DNA geschrieben wurde? Wie stark die Sucht nach Zucker werden kann, haben französische Forscher gezeigt, die Ratten mit Zuckerwasser und harten Drogen (Kokain/Heroin) aufgezogen haben. In späteren Versuchen haben sich die Ratten, wenn sie vor der Wahl standen, fast immer für das Zuckerwasser entschieden. Das Suchtpotential und die Wirkung von Zucker auf das menschliche Gehirn ist ebenso wie bei den Ratten aus dem Versuch. Der Zucker wirkt wie wir es bei harten Drogen vermuten. Das Belohnungszentrum wird aktiviert, bei vermehrtem Konsum verringert sich die Hirnstimulation und damit auch das empfundene Vergnügen. Für den gleichen Effekt muss mehr konsumiert werden. Hinzu kommt das in so vielen modernen Lebensmitteln Zucker enthalten ist. Da hilft nur ein Bewusstsein für die eigene Nahrung, die wir unserem Körper zuführen und darauf zu achten, was tatsächlich auch in den einzelnen Nahrungsmitteln enthalten ist. Auch ein Verzicht auf Nahrung nach 19.00 Uhr kann dabei helfen, dass der Körper sich besser regeneriert und die Nährstoffe gut aufnehmen und verteilen kann. Wer das regelmäßig tut, wird bemerken, wie besser und erholsamer sein Schlaf wird und wie fitter er morgens in den Tag starten kann.

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Ernährung, Darm und Gehirn
Wirken die Bakterien und Mikroben in unsere Darmflora auch auf unser Gehirn, Appetit und Ernährungsgewohnheiten? Der ein oder andere hat vielleicht schon einmal vom Darm als das zweite Gehirn gehört. Über den Vagus Nerv ist unser Gehirn mit fast allen Organen verbunden. So erstreckt er sich auch bis nach ganz unten zu unserem Darm. Bisher ist noch nicht erforscht wie die Zustände in unserem Darm sich im Detail auf unser Ernährungsgewohnheiten auswirkt. Was aber gesichert ist, dass die Bakterien im Darm auf unsere Stimmungen und Stresslevel wirken. Der wichtigste Einflussfaktor für den Darm ist die Nahrung die er verarbeiten muss. Die Vielfalt an unterschiedlichen Lebensmittel die wir regelmäßig über unser Leben hinweg zu uns nehmen ist entscheidend für die Darmflora und damit wohl auch für unser geistiges Wohlbefinden.

Nervennahrung
Eine Ernährungsweise die Wissenschaftler für besonders verträglich und wohltuend für Darmbakterien und die Gesundheit im Allgemeinen ansehen, ist die Mediterrane Kost. Die Mittelmeer Küche ist reich an verschiedenen Gemüsen, Salaten, Obst und Hülsenfrüchten. Besonders wichtig ist auch das verwendete Olivenöl. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in der Anzahl verschiedener Mikroorganismen im Darm wieder. Menschen mit schwerer Depression konnten durch Umstellung auf mediterrane Kost ihren geistigen Zustand verbessern. Auch die Gewürze aus der indischen Küche wie Anis, Asant, Ingwer, Koriander, Kreuzkümmel und Kurkuma wirken positiv auf die Darmflora. Für die Nervenzellen unseres Gehirns sind wiederrum rote Früchte wie Trauben, Granatapfel, Heidelbeeren und Kirschen gesund. Sie enthalten Polyphenole die sehr positiv auf die Bildung neuer Gehirnzellen und Nervenverbindungen wirken.

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Wer einmal selbst nachforschen möchte findet im folgenden Abschnitt weitere interessante Studien die eine Idee für die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gehirn geben:

Die Universität Bordeaux hat Mäuse mit und ganz ohne Omega 3 Fettsäure ernährt. Die Mäuse deren Gehirn mit Omega 3 versorgt wurde, erforschten das Labyrinth, in welches sie gesetzt wurden gründlich, wie es die neugierigen Nagetiere generell tun. Die Mangelernährten mieden die hellen Bereiche und verkrochen sich schnell im dunklen Bereich des Labyrinths und zeigten ein auffällig verängstigtes und gestresstes Verhalten.

An der Universität New South Wales in Australien wurden Ratten ausschließlich mit industriell verarbeiteten Lebensmittel gefüttert. Das Junk Food wirkte direkt auf den Hippocampus, der sich dadurch sehr schnell verkleinerte und auch die Anzahl grauer Zellen verringerte sich. Die Ratten zeigten ein verringertes räumliches Gedächtnis, nur minimale Veränderungen in Ihrer Umgebung führten zur detaillierten Erforschung der scheinbar neuen Gegenstände.

Das niederländische Justizministerium hat in 8 verschiedenen Gefängnissen eine Studie durchgeführt. Häftlinge erhielten 3 Monate mit Vitaminen, Mineralien und Fettsäuren angereicherte Nahrung. In Umfragen und bei den verhängten Sanktionen zeigte sich, das sich etwa 1/3 weniger aggressive Zwischenfälle ereigneten.

Viel Spaß beim Lesen der Studien…. Wenn Sie mehr über den Einfluss unserer Ernährung und Ihre persönliche Leistungsfähigkeit erfahren möchten, empfehlen wir auch das SeminarBiologie der Begeisterung.

Erholsam Schlafen – Was in Kopf und Körper passiert

Wie der Name unseres Blogs verdeutlicht, ist Energie der Schlüssel für Führungs-, Leistungsfähigkeit und Erfolg. Ausreichend erholsamer Schlaf ist dabei ein entscheidender Faktor, denn nach etwa 16 Stunden ist die Kapazität bzw. Leistung der Nervenzellen unseres Gehirns einfach ausgereizt. Kein Wunder, denn sie arbeiten auf Hochtouren, auch wenn wir uns nicht bewusst mit Lernen oder der Lösung einer kniffeligen Aufgabenstellung beschäftigen. Das Gehirn steuert unterbewusst unsere Herzfrequenz, Blutdruck und die Reflexe wie Lidschluss oder Husten. Sinneseindrücke werden verarbeitet, Erlebnisse und Informationen zwischengespeichert. Dabei verbraucht es fast ein Viertel des gesamten Energiebedarfs des Körpers.
Nervenzellen erzeugen elektrische Impulse die mit mehreren 100 Kilometern pro Stunde an andere Zellen weitergegeben werden. Diese Impulse können die Zellen, Neuronen genannt, mehrmals pro Sekunde abgeben, deshalb spricht man auch von „feuern“. Dazu werden allerlei chemische Stoffe, Neurotransmitter und Botenstoffe im Gehirn gebildet und an andere Bereiche im Hirn weitergegeben und so das komplexe Nervengebilde reguliert und gesteuert. Aber auch Muskeln und Organe werden durch verschiedene Botenstoffe angesprochen. Das Gehirn hat also über den Tag hinweg schon rein physikalisch oder eben chemisch viel Arbeit zu verrichten.

Wir brauchen den Schlaf aber nicht nur um unsere Nervenzellen zu erholen, im Schlaf werden die über den Tag hinweg gesammelten Informationen gespeichert. Die Informationen unserer sensorischen Systeme laufen im Hippocampus zusammen. Dort wird verarbeitet und koordiniert welche davon im Lang- oder Kurzzeitgedächtnis gespeichert werden. Auch im erwachsenen Alter werden hier neue Nervenzellenverbindungen geschaffen, deren Neubildung direkt mit dem Erwerb neuer Gedächtnisinhalte zusammenhängt. Da beim Schlafen die Zufuhr neuer Sinneseindrücke ausbleibt, können nun die Informationen aus dem Hippocampus in das neuronale Netz der Großhirnrinde gespeichert, ergänzt und ergänzt werden. Diese Prozesse sind für das Lernen grundlegend, Menschen die an Schlafstörungen leiden und Probleme mit Ihrer Tiefschlafphase haben, haben, gegenüber Menschen mit einem gesunden Schlaf, eine stark verminderte Lern- und Gedächtnisfähigkeit. Die Schlafphase in der das Gehirn am meisten Informationen verarbeitet wird REM (Rapid Eye Movement) Schlaf genannt, er nimmt bei 7-8 Stunden Schlaf etwa 2 Stunden ein. Dabei sind Körper und Muskeln entspannt, Blutdruck und Puls sind im Vergleich zum Tiefschlaf aber wieder leicht erhöht um das Gehirn mit Sauerstoff zu versorgen. Die Augenbewegungen werden mit den bei der Verarbeitung der Informationen entstehenden Traumbilder in Verbindung gebracht, denn diese verhalten sich ähnlich, wie wenn wir im Wachzustand ein Bild betrachten.
Neben der Ordnung und Speicherung von Ideen und Konzepten, werden im Schlaf Giftstoffe und Abbauprodukte über das Rückenmark aus dem Gehirn transportiert. Verbleiben sie, zum Beispiel durch schlechten oder mangelnden Schlaf, im Gehirn befördern sie neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson. In einer 2015 in den USA durchgeführten Studie wurden betäubte Nagetieren, in verschiedene Schlafpositionen gebracht und mit dem MRT untersucht. Die Tiere die, auf der Seite „schliefen“ haben mehr Giftstoffe über das Rückenmark abtransportiert, als die Tiere die auf dem Rücken oder Bauch lagen. So gibt es zumindest Anzeichen dafür, dass Schlafen auf der Seite Krankheiten des Gehirns vorbeugen kann.

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Im Schlaf werden das Stresshormon Kortisol und Giftstoffe abgebaut sowie Puls- und Atemfrequenz und der Blutdruck sinken. Aber der Körper baut auch auf, zuallererst das Hormon Melatonin das die Körperfunktionen für den Schlaf vorbereitet. Es entsteht im Gehirn, wenn wenig Licht auf die Augen fällt, also in der Dämmerung und Dunkelheit. Während dem schlafen selbst werden verschiedenste Hormone gebildet. Das Wachstumshormon Somatotropin ist vor für Kinder besonders wichtig da es den Knochen- und Muskelaufbau anregt. Es wird nur im Tiefschlaf gebildet und dient auch der Therapie von Kleinwuchs. Trotzdem ist auch für Erwachsene ausreichend Tiefschlaf wichtig da das Hormon weiterhin für den Muskelaufbau, den Blutkreislauf und den Abbau von Körperfett zuständig ist. Leptin ist ein appetitzügelndes Hormon, das in den Fettzellen gebildet wird und dem Hypothalamus signalisiert das genügend Energie vorhanden ist und damit für das Sättigungsgefühl sorgt. Im Schlaf wird es verstärkt ausgeschüttet damit wir nicht mit grummelnden Magen aufwachen. Für das Hungergefühl zuständig und der Gegenspieler des Leptin ist das Ghrelin, welches den Appetit anregt. Ein ausgeglichener Leptin / Ghrelin Haushalt sorgt dafür, dass wir nach genügend Schlaf von selbst aufwachen. Schlafstörungen oder Mangel bringen diese Balance aus dem Gleichgewicht, der erhöhte Ghrelin Spiegel lässt uns nicht mehr satt werden, wir nehmen zu, bekommen womöglich ernsthafte Krankheiten wie Diabetes oder andere Stoffwechselprobleme. Viel Schlaf oder ein hoher Leptin Wert hingegen aber macht leider nicht automatisch schlank.
Weil der Schlaf fast die Hälfte unseres Lebens einnimmt und so wichtig für die Funktion unseres Gehirns und Körpers ist. Haben wir in unseren Beiträgen „Schlafen ist keine verlorene Zeit“ und „Warum gesunder Schlaf so wichtig ist“ schon Tipps gesammelt, wie erholsamer Schlaf funktionieren kann und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein sollten. Aber es gibt noch mehr Tipps für ausreichend Schlaf:

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Statt warmer Milch mit Honig (ist wenig wirksam) lieber auf beruhigende Kräutertees zum Einschlafen setzen, die sind auch vegan.

Das blaue Licht von Bildschirmen (Fernseher / Smartphone) verringert die Bildung von Melatonin und wir werden nicht müde bzw. haben einen weniger erholsamen Schlaf.
Feste Schlafzeiten auch über das Wochenende sind Garant für einen tiefen und guten Schlaf. Unregelmäßigkeit bringt Unruhe, Ein-, Durchschlaf und Aufwachprobleme.

Alkohol, fettiges / zuckerhaltiges Essen direkt vor dem Schlafen regt den Stoffwechsel an, so werden wir nicht müde und das Einschlafen zur Qual. Eine vorherige Pause von ca. 2 Stunden wirkt wunder.

Mit positiven Gedanken einschlafen. Notieren Sie sich was besonders gut und schön an diesem Tag war. Die Chancen auf schön Träume bzw. ruhigen, durchgängigen Schlaf steigt enorm.

Hilfreich ist auch, sich mit geschlossenen Augen auf den eigenen Körper zu konzentrieren und zu meditieren. Das schafft die nötige Ruhe für einen wirklich tiefen und erholsamen Schlaf. Wer sich schwer tut mit der inneren Ruhe oder für den Meditation nichts ist, dem kann Lesen helfen. Es sollte allerdings kein Krimi oder zu spannenden Buch sein.

Wir wünschen Ihnen erholsamen Schlaf!

Neue Arbeitswelt – Neue Führung [Video]

Neuroleadership-Experte Dr. Markus Ramming sprach beim BusinessForum auf dem Bürkert Campus in Criesbach zum Thema „Neue Arbeitswelt – Neue Führung“. Mit seinen Impulsen aus der Hirnforschung regte er die Gäste zum Nachdenken und Diskutieren an.

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Ramming stelle gängige Führungsprinzipien aufgrund neuester wissenschaftlichen Erkenntnisse der Gehirnforschung infrage. So lautete eine seiner zentralen Aussagen: „Kontrolle und Stabilität passen nicht zur neuen Arbeitskultur, die von permanentem Wandel und agilen Arbeitsmethoden geprägt ist, denn Veränderung ist das Normale.“.

Die wesentliche Erkenntnis des Abends: „Wichtig ist es, die Einstellung in unseren Köpfen zu ändern. Erfahrungen und Herausforderungen verändern die Architektur des Gehirns und entwickeln uns weiter“, so der Neurowissenschaftler. „Unser Gehirn wird glücklich und zufrieden, wenn wir es entwickeln.“ Ramming forderte daher auf, sich mit Zielen, nicht mit Problemen zu beschäftigen und zu reflektieren welche Gedanken uns füttern – gute oder schlechte?

Nehmen auch Sie wertvolle Anregungen und inspirierende Impulse für die zukunftsorientierte Gestaltung Ihrer Führungsarbeit mit!

Der Referent Dr. Markus Ramming
Der promovierte Neurobiologe war über 15 Jahre in verschiedenen Führungspositionen der pharmazeutischen Industrie tätig. Seit 2008 arbeitet er als Neuroleadership-Experte, Trainer und Berater bzw. als Dozent am Ersten Deutschen Zentrum für Leistungsmanagement und an verschiedenen bayrischen Hochschulen.
Darüber hinaus betreut Dr. Ramming Change-/Entwicklungsprojekte und hat gerade sein neuestes Buch „Neuro-Change“ veröffentlicht.

Die Initiatoren
Das BusinessForum wurde vom HR-Spezialisten BERA, der Sparkasse Hohenlohekreis und dem Wirtschaftsmagazin RegioBusiness ausgerichtet. Die drei Veranstalter präsentieren innovative Themen, hochkarätige Referenten und bieten wertvolle Impulse sowie ein lebendiges Netzwerk für Unternehmensvertreter.

Widerstand in Begeisterung wandeln

Im Blogbeitrag „Wie sich das Gehirn verändert und was Unternehmen daraus machen können“ haben wir die permanente Veränderung unseres Gehirns erläutert. Es passt sich an neue Gegebenheiten an und verändert sich entsprechend. Es lernt und entwickelt sich und das macht es sogar gern. Veränderungen sind somit kein Problem für unser Hirn.

Die Erfahrung der meisten Manager ist jedoch anders. Bei vielen Change Projekten hat man mit Gegenwind und Widerstand zu kämpfen. Es wird in der Literatur berichtet, dass 50% der Change Projekte scheitern. Das anvisierte Ziel wird vielfach nicht erreicht. Und das liegt meist am Widerstand der Belegschaft. Wenn sich unser Gehirn so gern verändert und entwickelt, warum gehen dann so viele Veränderungen schief? Und wie können wir Veränderungen gehirngerecht gestalten?

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Change Prozesse scheitern, weil wir eine andere Seite unseres Gehirns nicht genügend beachten. Wir sind zwar gut uns an unsere Umwelt anzupassen, doch an erster Stelle stehen unsere Bedürfnisse. Und ganz besonders das Verlangen nach Sicherheit. Und dafür tut unser Gehirn alles. Wenn unser Gehirn also nur ansatzweise die Idee entwickelt, die Situation, in der wir uns befinden, ist gefährlich, dann wird unser Angst und Abwehrsystem angeworfen. Und das führt zu Widerstand. Und je bedrohlicher die Situation wahrgenommen wird, desto größer die Gegenwehr.

Dabei kommt es nicht auf die reale Bedrohung an. Es kommt darauf an, in wie weit sich der Mitarbeiter gefährdet fühlt. Jeder entwickelt da seine eigene Realität. Jeder interpretiert die Situation aufgrund bereits gemachter Erfahrungen. Dinge, die sie nicht als bedrohlich empfinden, können beim anderen die größten Ängste auslösen. Jedes Gehirn ist da anders. Häufig wird dann gegen die Veränderung geschossen und Gründe aufgeführt, warum man das nicht tun sollte. Dabei ist man nicht gegen die Veränderung, sondern dagegen „wie“ verändert wird.

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Meine Erfahrung zeigt, dass die meisten Chefs denken, die Mitarbeiter wollen die Situation nicht verändern und alles beim Status Quo belassen. Das ist jedoch nicht der Fall. Die meisten Menschen schießen nicht gegen die veränderte Situation, sie empfinden nur den Prozess als bedrohlich. Und das führt zu Gegenwehr. Auch wenn der Widerstand etwas Individuelles ist, sind für die meisten Menschen folgende Situationen und Prozesscharakteristiken mit Ängsten verbunden.

  • Schlechte Erfahrungen
    Gab es bereits einmal ein Change Projekt und wurde das als sehr schlecht und bedrohlich wahrgenommen, werden Mitarbeiter bereits durch die Ankündigung eines weiteren Projekts in den gleichen Zustand versetzt. Insbesondere, wenn der Ablauf und die Struktur des Projektes dem ersten sehr ähnlich sind. Wenn also ein Projekt mal schiefgelaufen ist, dann machen sie das nächste ganz anders.
  • Mitarbeiter haben keine Idee davon, was auf sie zukommt
    Wir können nicht in die Zukunft schauen. Aber fast jeder hat einen stabilen Tagesablauf, mit dem er zufrieden ist und mit dem er sich arrangiert hat. Änderungen, die von außen aufgedrückt werden sind da nicht willkommen. Erfahren Mitarbeiter, das sich in Zukunft etwas ändern wird, fangen sie an über die Möglichkeiten zu spekulieren. Und bei den meisten macht sich eine Angst breit, dass sich etwas verschlechtern wird. Und lässt man Menschen für einige Zeit wild spekulieren, dann wird die Angst vor dem was kommt immer größer.
  • Andere bestimmen über meine Zukunft
    Ich hasse nichts so sehr, wie wenn andere Menschen über mein Leben bestimmen. Die Aufforderung „Bring doch mal den Müll runter“ ist ein gutes Beispiel. Selbst, wenn ich es gerade machen wollte, bewirkt die Anweisung eine sofortige Abneigung gegen die Aufgabe und ein Hinauszögern. Dabei finde ich das Resultat und die angestrebte Situation sehr gut. Es liegt also nicht an der Aufgabe an sich, es liegt an dem Prozess. Es geht gegen meinen Selbstwert und meine Autonomie, wenn ich nicht selbst entscheiden kann. Wahrscheinlich bin ich da etwas sensibel oder paranoid, aber ich kann eine ähnliche Abneigung bei vielen Menschen gegen Anweisungen erkennen. Und das ist auch in Veränderungen so. Man kann dem Mitarbeiter nicht sagen: „So, wir machen das jetzt anders. In Zukunft machst Du das so und so“. Auch wenn er nichts sagt, die interne Rebellion ist gewiss.
  • Druck, etwas machen zu müssen
    Ob andere jetzt sagen was ich tun soll oder wie ich es tun soll, ist egal. Ich mag es nicht. Beides beschränkt meine Autonomie und meine Selbstbestimmung. Und viele andere Mitarbeiter mögen es auch nicht. Wenn ich also etwas bis Ende des Tages tun muss, weil mir mein Chef gesagt hat, ich müsste das tun, dann mache ich das nur mit Widerwillen. Habe ich selbst entschieden, das Projekt bis heute Abend zum Abschluss zu bringen, dann arbeite ich mit Begeisterung daran. Ich wehre mich nur gegen den Druck. Und das ist Kopfsache!
  • Angst vor Fehlern
    Wenn Veränderung stattfindet, dann hat das vielfältige Folgen. Vielleicht im Ablauf, in den Verantwortungen, in der Organisation und der Logistik, um nur einige zu nennen. Wenn ich viele Dinge anders machen muss, dann ergibt sich auch eine größere Wahrscheinlichkeit, Fehler zu machen. Wenn Fehler nicht gerne gesehen sind, erhöhen wir durch eine Veränderung die Angst Fehler zu machen. Die Unsicherheit steigt zusätzlich an und der Widerstand steigt.

Wie kann man also eine Veränderung gehirngerecht gestalten
Ich weiß, es geht nicht immer alles einfach und wir machen alle viele Fehler. Sicherlich funktioniert nicht alles gut nach einem vorgegebenen Schema. Folgende Prinzipien haben sich aber in vielen Unternehmen bewährt. Je intensiver sie diese Dinge leben, desto einfacher wird Veränderung von statten gehen und umso begeisterter sind Ihre Mitarbeiter. Ein besonderer Tipp: Sprechen Sie niemals von Change oder Veränderungsprojekten! Benennen Sie es nach dem Ziel. Effizienz-Erhöhungsprojekt oder Qualitäts-Verbesserungsinitiative. Ziele strebt mein Kopf viel lieber an als Veränderung.

  • Mitarbeiter einbinden
    Ich gehe davon aus, dass Mitarbeiter an dem Erfolg der Firma interessiert sind. Schließlich ist ihr Schicksal eng mit dem der ihres Arbeitgebers verbunden. Man kann also zu jeder Zeit mit den Mitarbeitern Lösungen für anstehende Herausforderungen suchen. Teresa Amabile zeigt in ihrem Buch „The progress principle“, dass Mitarbeiter bereit sind viel für die Firma zu tun, wenn es sinnvoll ist und das Unternehmen weiterbringt. Mit allen über die Situation zu diskutieren erhöht ihren Selbstwert und ihr Engagement. Es mehrt die Vielfalt der Ideen und kann zu ganz neuen Wegen führen. Meist wollen Mitarbeiter nur die Möglichkeit haben, ihren Senf dazu zu geben. Sie wollen gehört werden. Wenn Sie also mal was anders machen wollen, fragen Sie doch Ihre Mitarbeiter wie man die Fehlerrate senkt oder wie man ein besonderes Qualitätsziel erreicht.
  • Ziele gemeinsam bestimmen
    Okay, nicht jeder der 20000 Mitarbeiter sollte mit an der Strategie und den Zielen der Firma arbeiten. Aber ausgewählte Mitarbeiter kann man durchaus mit strategischen Aufgaben betreuen (lesen Sie dazu vielleicht mal das Beispiel der Firma Eckes-Granini im Buch „Führen mit Hirn“). Wichtig ist, dass jeder mitbestimmen kann, was er zum Erfolg des Unternehmens beitragen kann. Ob es um die Abteilungsziele oder nur die Gruppenziele geht; wann immer sich Mitarbeiter engagieren können, erhöht das den Selbstwert, die Motivation und das Engagement und lässt Ängste verfliegen.

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  • Wege zusammen gehen
    Bestimmen Sie nicht nur gemeinsam Ihre Ziele, bestimmen Sie auch gemeinsam den Weg dorthin. Jeder hat seine besonderen Stärken und Fähigkeiten, die er einbringen kann. Nutzen Sie die Potentiale Ihrer Mitarbeiter. Das erhöht die Identifikation mit dem Unternehmen und lässt Widerstand gar nicht erst entstehen. Wenn sich Jeder einbringen kann und Fehler eine Möglichkeit sind, sich weiter zu verbessern, dann steht einem erfolgreichen Kundenzufriedenheits-Projekt nichts mehr im Wege.

Gehirne verändern sich permanent. Firmen sollten das auch. Aber nicht nur verändern sondern sich ständig verbessern. Das geht mit Hirn (oder sagen wir Neuroleadership) wesentlich besser. Nutzen Sie die Köpfe Ihrer Mitarbeiter richtig! Damit Sie sich nicht mit Widerstand sondern Begeisterung auseinandersetzen müssen.

Ihr Dr. Markus Ramming

Gastbeitrag von Dr. Markus Ramming – Trainer des Ersten Deutschen Zentrum für Leistungsmanagement

Der promovierte Neurobiologe setzt sich mit Herz und Seele für das Thema Neuroleadership und Change ein und hat selbst über 15 Jahre Erfahrung als Führungskraft in der Pharmaindustrie. So kennt er die Probleme, Belange und auch Lösungen für und von Organisationen und Entscheidern in Unternehmen. Mit seinem Wissen und Erfahrung schafft er es Veränderungen voran zu treiben.

Mein erster Kontakt mit Neuroleadership

Im Laufe meines Berufslebens hatte ich mich schon oft mit Teambuilding und Managementratgebern auseinandergesetzt. Man lernt die Kollegen ein wenig besser kennen und erhält Tipps für die Strukturierung von Meetings oder des Terminkalenders. Meist waren diese aber alle sehr ähnlich und die Erkenntnisse blieben weitestgehend aus.

Die Verbindung zwischen Gehirnforschung, Management und Führungstheorie war mir zwar bekannt, doch hatte ich keine tieferen Kenntnisse. Da mein Arbeitgeber Weiterbildungen und Seminare aktiv fördert, lag das Neuroleadership Seminar des Ersten Deutschen Zentrums für Leistungsmanagement nahe. Bei diesem noch relativ neuen Ansatz werden zwei Themengebiete kombiniert und Erkenntnissen der Neurowissenschaften auf bekannte Managementtheorien übertragen.

Das Seminar im Schloss zu Hopferau hat mir sehr gut gefallen und das Team des Zentrums für Leistungsmanagement bat mich, einen Blogbeitrag über meine Erfahrung sowie die gewonnenen Erkenntnisse zu schreiben.

Das im Allgäu beheimatete Erste Deutsche Zentrum für Leistungsmanagement sagt von sich selbst, es beschäftige sich mit den Themen Gehirnforschung, Biologie, Medizin und lehrt seinen Teilnehmer, wie sie begeisterter, leistungsfähiger und veränderungsbereit werden.

Neugierig machten mich besonders, die Punkte Motivation und Kommunikation aus Sicht des Gehirns sowie die Möglichkeit, Zusammenarbeit mit Kollegen gehirnregerecht zu gestalten – das ist für mich privat, wie beruflich von großer Relevanz.

Zentrum für Leistungsmanagement, Seminar, Workshop, Notizen, Vortrag

Obwohl ich keine Führungskraft bin, habe ich die Chance bekommen daran teilzunehmen. Geleitet wurde das Seminar von Dr. Markus Ramming, der promovierte Neurobiologe bringt umfassende Erfahrungen als Führungskraft in der Pharmabranche mit. Dies konnte man in seinen Erläuterungen deutlich spüren, denn gerade die vielen konkreten Beispiele machten das komplexe Thema Gehirn und Motivation verständlicher.

Dr. Ramming behandelte alle, die im Handout aufgelistete Punkte. An der ein oder anderen Stelle hätte ich mir einen tieferen Einstieg gewünscht, aber da hätte ich wahrscheinlich das zweitägige Neuroleadership Seminar besuchen müssen. Dr. Ramming meinte, dass dieses mehr Raum für Gruppenarbeiten bietet und so das neue Wissen gleich angewendet werden kann.

Besonders gefallen haben mir die wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse und Studien, mit denen Dr. Ramming seine Ableitungen für das Management und Führungsverhalten belegen konnte. Diese ganz neue Art auf das berufliche Miteinander zu blicken hat mir einige Aha-Momente beschert. Die kleinen Gedankenspiele, die am eigenen Beispiel und praxisnahen Erlebnisse, die Eigenheiten unseres Gehirns aufzeigen, haben bei mir diesen Effekt verursacht. Wir können von der sogenannten Neuroplastizität lernen, die beschreibt, dass unser Gehirn ständig lernt, auch im Alter und es vor allem auf das Training ankommt und darauf für was wir unser Gehirn nutzen. Es war spannend von dieser gigantischen Lernmaschine zu hören, in der ständig neue Verbindungen geschaffen werden und alte „Wege“ oder nicht genutzte Gedankengänge langsam verschwinden. Das hat mir das Gefühl gegeben, nicht mehr diese mysteriöse „Blackbox“ in meinem Kopf zu haben, sondern ein greifbares Organ, das ich auch gezielt beeinflussen und trainieren kann.

Spannend für mein Berufsleben fand ich die angesprochenen Faktoren, welche die eigene und die Motivation der Kollegen beeinflussen lassen. Da geht es dann auch gleich in den Bereich des Primings und der bedürfnisorientierten Kommunikation. Auch hier haben wir wieder mit vielen konkreten Beispielen gearbeitet. Was ich mitgenommen habe und auch auf jeden Fall in meine tägliche Arbeit integrieren möchte, ist mir mehr Zeit zu geben um Inne zu halten und die Automatismen, die sich in den Arbeitsabläufen festgesetzt haben, zu hinterfragen bzw. zu überdenken. Denn erst dann habe ich die Chance meine etablierten Denkmuster zu überwinden und kann so offener, konkreter und zielgerichteter mit meinen Kollegen kommunizieren.

Zentrum für Leistungsmanagement, Seminar, Workshop, Teilnehmer, Notizen

Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen mit einem Halbwissen unterwegs sind was Kommunikation und Motivation angeht, welches Sie in Ratgebern und Seminaren aufgeschnappt haben. So ging es mir auf jeden Fall. Mit Hilfe des Schnupperseminars konnte ich einige dieser Wissensfragmente für mich zu logischen Handlungsanweisungen zusammenfügen. Aber gerade dass hinter dem Neuroleadership-Ansatz fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse stecken, machen das Seminar für jeden interessant – egal ob vorgebildet, führungserfahren oder als Managementneuling.

Auf jeden Fall möchte ich nun auch das zweitägige Seminar im Schloss zu Hopferau besuchen. Die Termine dafür, habe ich bereits in meinem Kalender notiert.

Mit freundlichen Grüßen,

Victoria Meder, Consultant BERA GmbH