Wie Ernährung und Gehirn zusammenhängen

Du bist was du isst. Diesen Satz hat wohl jeder schon gehört. Meist in Bezug auf den Körper bzw. die Fitness. Wer gesund isst, hat auch einen gesunden Körper, viel Energie und bleibt schlank. Wer auf Fertiggerichte und Fastfood setzt sowie der Tüte Chips am Abend nicht abgeneigt ist, der ist wahrscheinlich auch schlapp, undynamisch und eher dick. So lautet zumindest das landläufige Klischee.

In unserer schnelllebigen Zeit haben sich die Essgewohnheiten verändert. Nahrungsmittel mit viel Zucker und schlechten Fetten sind überall und einfach zu bekommen. Sie machen schnell satt und scheinbar glücklich.

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Doch wirkt so eine Ernährung auch auf unser Gehirn, unsere geistige Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit? Kann unser Ernährungsstil unsere Gedanken und Entscheidungen beeinflussen?

Aggressives Fast Food
Eine Ernährung die aus Junk Food und industriell-verarbeiteten Lebensmittel besteht verändert Teile unseres Gehirns nachhaltig. Schon im Mutterleib, wenn sich das Gehirn eines Embryos entwickelt wirkt sich die Ernährung der Mutter auf die Gehirnfunktion des Kindes aus. Die australische Ernährungswissenschaftlerin und Epidemiologin Felice Jacka hat an der Deakin Universität das Food&Mood Centre gegründet. Wo Sie und Ihr Team die psychischen Auswirkungen unserer Ernährung erforscht. In einer umfangreichen Studie hat Sie herausgefunden das Mütter mit „schlechten“ Ernährungsgewohnheiten (Junk Food, industriell-verarbeitete Lebensmittel, salzige und süße Snacks) Kinder haben, die zu Aggressionen und Wutanfällen neigen. Dieses Verhalten zeigte sich noch deutlicher, wenn die fett- und zuckerreiche Speisen nach der Geburt z.B. durch Softdrinks und Süßigkeiten von den Kindern selbst konsumiert wurden. Weltweite Studien können diese Ergebnisse bestätigen. Aber auch Trauer, Angst und Unruhe war bei Kindern die sich fett- und zuckerreich ernähren, vermehrt festzustellen.

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Mangelnde Nahrungsvielfalt
Neuronen erhalten durch einseitige Ernährung nicht das, was sie benötigen. Unsere grauen Zellen bestehen zu 90% aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die der Organismus nicht selbst herstellen kann. Daher müssen wir sie mit unserer Nahrung aufnehmen. Pflanzenöle, Fisch und Nüsse enthalten diese Fette, sind jedoch in den Industrieländern immer weniger auf den Tellern zu finden.

Wenn unsere Nervenzellen die nötigen Bausteine fehlen, bilden diese weniger und kürzere Verknüpfungen aus, die Kommunikation zwischen den Nervenzellen ist gestört. So wirkt sich der Omega 3 Mangel tatsächlich auf die Leitfähigkeit der Neuronen aus, die ansonsten schneller und damit effektiver Signale austauschen. Insbesondere in der Kindheit, Jugend und im Alter ist die Aufnahme wichtig, da in jungen Jahren für den Aufbau viel davon benötigt wird bzw. im Alter von den Nervenzellen schwerer absorbiert werden kann.

Ernährung beeinflusst Entscheidungen
Ein proteinreiches Frühstück sorgt für ein ausgeglichenes Verhalten und eine erhöhte Stresstoleranz. Ein kohlenhydratreiches Frühstück hingegen zeigt bei Probanden die an einem Ultimatumspiel, eine praktische Anwendung der Spieltheorie, teilnehmen, eine Empfindlichkeit für unfaire Angebote. Sie nahmen die Offerte persönlich und lehnten sie eher ab. Es wird vermutet das die proteinreiche Nahrung die Bildung der Aminosäure Tyrosin steigert. Das Tyrosin ist die Vorstufe von Hirndopamin, das Hormon, welches uns Eindrücke schneller verarbeiten lässt, den Stoffwechsel ankurbelt, neugierig und zielorientiert macht. So entscheiden sich die Probanden im Spiel auch dafür lieber ein unfaires Angebot anzunehmen statt ganz leer auszugehen.

Schon nach nicht mal einer Stunde wirkt die aufgenommene Nahrung auf unseren Hormonspiegel im Gehirn und so auf die Entscheidungen, die wir treffen. Wenn man bedenkt, dass wir etwa drei Mal am Tag Nahrung zu uns nehmen, ist das Potential für Veränderungen hinsichtlich unseres Wohlbefinden und geistiger Leistungsfähigkeit enorm.

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Droge Zucker
Wenn die Ernährung so wichtig ist, wie können wir dabei unseren Gelüsten auf Zucker und Fett wiederstehen, die von der Evolution in unsere DNA geschrieben wurde? Wie stark die Sucht nach Zucker werden kann, haben französische Forscher gezeigt, die Ratten mit Zuckerwasser und harten Drogen (Kokain/Heroin) aufgezogen haben. In späteren Versuchen haben sich die Ratten, wenn sie vor der Wahl standen, fast immer für das Zuckerwasser entschieden. Das Suchtpotential und die Wirkung von Zucker auf das menschliche Gehirn ist ebenso wie bei den Ratten aus dem Versuch. Der Zucker wirkt wie wir es bei harten Drogen vermuten. Das Belohnungszentrum wird aktiviert, bei vermehrtem Konsum verringert sich die Hirnstimulation und damit auch das empfundene Vergnügen. Für den gleichen Effekt muss mehr konsumiert werden. Hinzu kommt das in so vielen modernen Lebensmitteln Zucker enthalten ist. Da hilft nur ein Bewusstsein für die eigene Nahrung, die wir unserem Körper zuführen und darauf zu achten, was tatsächlich auch in den einzelnen Nahrungsmitteln enthalten ist. Auch ein Verzicht auf Nahrung nach 19.00 Uhr kann dabei helfen, dass der Körper sich besser regeneriert und die Nährstoffe gut aufnehmen und verteilen kann. Wer das regelmäßig tut, wird bemerken, wie besser und erholsamer sein Schlaf wird und wie fitter er morgens in den Tag starten kann.

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Ernährung, Darm und Gehirn
Wirken die Bakterien und Mikroben in unsere Darmflora auch auf unser Gehirn, Appetit und Ernährungsgewohnheiten? Der ein oder andere hat vielleicht schon einmal vom Darm als das zweite Gehirn gehört. Über den Vagus Nerv ist unser Gehirn mit fast allen Organen verbunden. So erstreckt er sich auch bis nach ganz unten zu unserem Darm. Bisher ist noch nicht erforscht wie die Zustände in unserem Darm sich im Detail auf unser Ernährungsgewohnheiten auswirkt. Was aber gesichert ist, dass die Bakterien im Darm auf unsere Stimmungen und Stresslevel wirken. Der wichtigste Einflussfaktor für den Darm ist die Nahrung die er verarbeiten muss. Die Vielfalt an unterschiedlichen Lebensmittel die wir regelmäßig über unser Leben hinweg zu uns nehmen ist entscheidend für die Darmflora und damit wohl auch für unser geistiges Wohlbefinden.

Nervennahrung
Eine Ernährungsweise die Wissenschaftler für besonders verträglich und wohltuend für Darmbakterien und die Gesundheit im Allgemeinen ansehen, ist die Mediterrane Kost. Die Mittelmeer Küche ist reich an verschiedenen Gemüsen, Salaten, Obst und Hülsenfrüchten. Besonders wichtig ist auch das verwendete Olivenöl. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in der Anzahl verschiedener Mikroorganismen im Darm wieder. Menschen mit schwerer Depression konnten durch Umstellung auf mediterrane Kost ihren geistigen Zustand verbessern. Auch die Gewürze aus der indischen Küche wie Anis, Asant, Ingwer, Koriander, Kreuzkümmel und Kurkuma wirken positiv auf die Darmflora. Für die Nervenzellen unseres Gehirns sind wiederrum rote Früchte wie Trauben, Granatapfel, Heidelbeeren und Kirschen gesund. Sie enthalten Polyphenole die sehr positiv auf die Bildung neuer Gehirnzellen und Nervenverbindungen wirken.

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Wer einmal selbst nachforschen möchte findet im folgenden Abschnitt weitere interessante Studien die eine Idee für die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gehirn geben:

Die Universität Bordeaux hat Mäuse mit und ganz ohne Omega 3 Fettsäure ernährt. Die Mäuse deren Gehirn mit Omega 3 versorgt wurde, erforschten das Labyrinth, in welches sie gesetzt wurden gründlich, wie es die neugierigen Nagetiere generell tun. Die Mangelernährten mieden die hellen Bereiche und verkrochen sich schnell im dunklen Bereich des Labyrinths und zeigten ein auffällig verängstigtes und gestresstes Verhalten.

An der Universität New South Wales in Australien wurden Ratten ausschließlich mit industriell verarbeiteten Lebensmittel gefüttert. Das Junk Food wirkte direkt auf den Hippocampus, der sich dadurch sehr schnell verkleinerte und auch die Anzahl grauer Zellen verringerte sich. Die Ratten zeigten ein verringertes räumliches Gedächtnis, nur minimale Veränderungen in Ihrer Umgebung führten zur detaillierten Erforschung der scheinbar neuen Gegenstände.

Das niederländische Justizministerium hat in 8 verschiedenen Gefängnissen eine Studie durchgeführt. Häftlinge erhielten 3 Monate mit Vitaminen, Mineralien und Fettsäuren angereicherte Nahrung. In Umfragen und bei den verhängten Sanktionen zeigte sich, das sich etwa 1/3 weniger aggressive Zwischenfälle ereigneten.

Viel Spaß beim Lesen der Studien…. Wenn Sie mehr über den Einfluss unserer Ernährung und Ihre persönliche Leistungsfähigkeit erfahren möchten, empfehlen wir auch das SeminarBiologie der Begeisterung.

Was aus neurobiologischer Sicht hinter unserer Begeisterung steckt

Wie sich unser Gehirn vernetzt und damit unser Wesen bestimmt hängt von den Bedingungen und Anforderungen unseres Kulturkreises oder sozialen Gefüge ab. Externe Faktoren oder die Umwelt bestimmen aber nicht exklusiv wie unser Gehirn im Laufe unseres Lebens geprägt wird. Es reicht nicht aus das gewisse neuronale Verschaltungen einfach immer und immer wieder genutzt werden und sich dadurch ausweiten, stabilisieren und damit Verhaltensweisen geprägt und Lösungsmodelle effektiver werden. Wenn es so wäre dann könnten wir alles lernen, wenn wir nur genügend Zeit hätten. Aber wir lernen nicht alles.

Lange sind Psychologen davon ausgegangen, dass es sich bei Freude, Begeisterung und Emotionen um geistige Zustände handelt. Inzwischen ist aber klar, dass diese auch einen biologischen Hintergrund haben und beispielsweise durch die Verstärkung bestimmter Botenstoffe veränderbar sind. Verhaltensweisen und Reaktionen, in kritischen (Stress) Situationen, lassen sich also trainieren. Vor allem unsere Begeisterung spielt für die Veränderungsbereitschaft, Innovation und das Lernen eine große Rolle.

Begeisterung als Grundlage des Lernens
Egal ob jung oder alt wir lernen das was uns wichtig ist. Das sind die Dinge die wir interessant finden und die uns in einen Zustand der Neugier und vor allem der Begeisterung versetzten. Wenn uns etwas wirklich wichtig ist dann strengen wir uns an, legen unsere Aufmerksamkeit auf das angestrebte Ziel, machen Strategien und stellen dabei auch unsere anderen Bedürfnisse hinten an. Wenn wir einen Sachverhalt durchblickt und Erkenntnis gewonnen haben sind wir hellauf begeistert. Eine Menge unterschiedlicher neuronaler Netzwerke sind dann in unserem Gehirn aktiv. Neuroplastische Botenstoffe wie Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin werden ausgeschüttet und in den Nervenzellen weitergegeben. Das geschieht genau in den Bereichen die wir für das erreichen des Zustandes angestrengt haben. In diesen Nervenzellen werden dann bestimmte Gene aktiv die für die Produktion von Eiweißen zuständig sind die für das Auswachsen neuer ähnlicher Nervenzellen und Nervenzellkontakte gebraucht werden. Dadurch werden all jene neuronalen Netzwerke ausgebaut und gestärkt die genau das zustande gebracht haben was uns am Herzen lag und wofür wir uns so sehr begeistert haben. Unser Gehirn wird so wie und wofür wir es mit Begeisterung genutzt haben. Die subjektive Bewertung unserer Umwelt, was uns in ihr fasziniert und wir interessant finden ist wichtig, nicht die Umwelt an sich. Wenn wir also wissen wollen warum Menschen so sind wie sie sind müssen wir herausfinden was ihnen in der Vergangenheit wichtig war und begeistert hat.

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Warum wir unsere Begeisterung verlieren (können)
Als Kinder und Jugendliche haben wir unser Umfeld noch neugierig als kleine Entdecker und Gestalter aufgesogen. Doch beim Älterwerden und Erwachsensein scheint uns diese Begeisterung abhanden gekommen zu sein. Wird uns, je älter wir werden, immer mehr, immer weniger wichtig? Als Kind ist noch fast alles was wir tun oder erleben bedeutsam, dann beginnen wir uns zurechtzufinden, Erfahrung zu sammeln und unser Leben nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Dann steigt die Gefahr in bekannten Routinen steckenzubleiben, man erledigt seinen Job, tut was zu tun ist und funktioniert. Alles wird gleichermaßen bedeutsam und unbedeutend. Nicht nur ein Problem der Individuen, auch Gemeinschaften haben das Problem, zwar noch zu funktionieren aber nicht mehr zu leben, festgefahren in Verwaltungsstrukturen. Dieser Pragmatismus gibt uns eine trügerische Sicherheit vor Krisen und möglichen Veränderungen. Dann hilft nur ein Blick auf die Kinder oder die Erinnerung an unsere eigene Kindheit um zu Erfahren was es heißt mit offenen Augen und Begeisterung unseren Weg zu beschreiten. An ihrem Beispiel können wir sehen was es braucht um uns mit kindlicher Neugier an die Umwelt zu wagen: Unterstützung aus dem Umfeld sowie die Chancen und Möglichkeiten uns als Entdecker und Gestalter auf den Weg zu machen.

Spielend begeistern
Soziologische wie auch psychologische Studien zeigen auf, dass es einen Weg gibt schlauer, konzentrierter, leistungsfähiger und begeisterter werden. Dieser Weg funktioniert über das Spielen, denn spielen heißt automatisch auch lernen. Dinge die uns Spaß bereiten schütten Botenstoffe wie Dopamin aus. Wenn Sie also in der Berufswelt Ihr Potenzial optimal abrufen möchten, sollten Sie regelmäßig spielen – auch während der Arbeitszeit. Denn Arbeit sollte mit Anstrengung, aber auch mit viel Freude an der Tätigkeit verbunden sein wie unser Beitrag: „Warum wir im Büro mehr spielen sollten“ zeigt.

Mit Lob und Pausen begeistern
Im Berufsleben haben Führungskräfte eine wichtige Rolle wenn es darum geht ideale Rahmenbedingungen für ihre Mitarbeiter zu schaffen. Dazu gehören auch Pausen, wie wir in unserem Beitrag: „Regeneration: Ein wichtiger Bestandteil des Berufslebens“ aufgezeigt haben. Begeisterung kann erzeugt werden indem den Beiträgen der Mitarbeiter einen Sinn gegeben wird. Wenn die Ergebnisse dann noch im Zusammenhang mit dem Unternehmenserfolg gebracht werden, hat die Führungskraft beste Voraussetzungen für Motivation geschaffen. Wie Wertschätzung und ein gezieltes Lob funktionieren kann haben wir im Beitrag: „Richtig loben“ erklärt.

Es gibt einige Stellschrauben mit denen die Begeisterungsfähigkeit und damit an der langfristigen Motivation für die eigene oder die Arbeit der Mitarbeiter gezielt gefördert werden kann. Dazu gehört auch offen und ehrlich  im Team über die Aufgabenverteilung zu sprechen um dann gemeinsam Lösungen zu finden. Wichtige Faktoren sind dabei Verständnis für die Perspektive des Gegenübers und die Kommunikation auf Augenhöhe.

Am Ende entscheidet der Wille zur Lebensfreude und Begeisterung. Tatsächlich sind die Anlässe dazu omnipräsent, die Herausforderung ist sie zu erkennen. Installieren Sie die Begeisterung fest in Ihrem Alltag!